J. Robert Lennon: Postmann
Er hebt die Zeitung auf: schwer heute, zumindest fĂŒr die Nestor News, ein KĂ€seblatt, wie es im Buche steht, einfach grauenhaft (…) Und mindestens einmal pro Woche endet ein Artikel mitten im Satz, weil beim Computer-Layout irgendetwas abgestĂŒrzt ist. FrĂŒher wĂ€re so was nie vorgekommen, die fehlenden Buchstaben hĂ€tten sichtbar auf dem Boden gelegen, jeder Buchstabe war ein matierieller Gegenstand, der von einer menschlichen Hand angefasst und gesetzt wurde (…)
Dieser Absatz beschreibt sehr gut die Grundstimmung der Hauptfigur Postmann im gleichnamigen Roman von J. Robert Lennon. Er beschreibt 10 Tage im Leben des neurotischen Postmanns Albert Lippincott, der mit sich und der Welt hadert. In RĂŒckblenden wird sein Streben nach GlĂŒck, also die ErfĂŒllung des amerikanischen Traums erzĂ€hlt. Doch Postmann scheitert bei all seinen Versuchen (Studium, Ehe, Job, Auslandsaufenthalt) an sich selbst, wobei er niemals die Hoffnung aufgibt.
Postmann hĂ€ngt nicht der Vorstellung nach, dass ihm vielleicht noch mehr Leben, mehr Schmerz, mehr Ungewissheit bevorstehen. Doch selbst wenn es so wĂ€re, wĂŒrde ihn das eigentlich nicht umschmeiĂen.
Das Buch besticht neben der spannenden Geschichte vor allen Dingen durch seine Sprache, die auch in der deutschen Ăbersetzung (von Friedrich Mader) einen ganz eigenen Stil hat. Schon auf den ersten Seiten wird man in Postmanns verzweifelten Kampf um etwas alltĂ€gliches GlĂŒck hineingezogen, als er verzweifelt versucht bei einem Radio-Gewinnspiel mitzumachen, ihm aber das passende Kleingeld fĂŒr das Telefon fehlt.
Ein wirklich empfehlenswertes Buch mit einem auĂergewöhnlichen Blickwinkel auf den amerikanischen Traum.
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